Fester Bestandteil des deutschen 70er Jahre Fernsehens waren die sogenannten "Blödelbarden", heute völlig in Vergessenheit geratene Gruppen, Solisten und Liedermacher aus dem Comedy-Bereich (der damals noch nicht so hieß), die oft nur sekundär als Musiker anzusehen waren. In verrauchten Berliner Studentenkneipen der prä-68er Ära konnte jedermann für eine Gage von 5 DM und 2 Freibier erste Bühnenerfahrungen sammeln. Neben Leuten wie Reinhard Mey, Ulrich Roski oder Schobert & Black traten dort auch Ingo Insterburg und Jürgen Barz sowie Karl Dall und Peter Ehlebracht auf. Ein Fernsehredakteur von Radio Bremen brachte alle vier für eine Sendung zusammen, die sie selber entwickelten. Der Name Insterburg & Co. entstand eher zufällig.

Da waren also vier schräge Typen, die auf schrägen Instrumenten schräge Musik mit schrägen Texten spielten, und das alles irgendwo zwischen Genialität und Dilettantismus. Dazu gesellten sich naive Sketche, Geschichten, Ansagen und auch richtige Schlager. Zunächst im RB-Regionalprogramm, dann auch in der ARD wurden sie schnell bekannt. Vor allem auch durch die ungewöhnlichen, selbstgebauten Instrumente wie der Stuhlbein-Klarinette, der Tannenbaum-Geige (die Ingo mit den Füßen spielte), dem Eimer-Cello oder der Melkeimer-Gitarre. Die Blödelbarden wurden bisweilen als Trittbrettfahrer der Studentenbewegung bezeichnet, aber nicht nur Ulrich Roski (heute 55) sah das anders: "Auch der größte Mist zahlt sich irgendwann für irgendjemand aus". Roski (größte Hits: "Kleiner Mann im Ohr" und "Des Pudels Kern") war in den 70ern ebenfalls ein Star. Später mußte er sogar in Schulaulen auftreten, füllt seit neuestem aber wieder etwas größere Hallen und hat eine CD veröffentlicht; ein umfangreiches Reim-Archiv soll sich in seinem heimischen PC befinden (was reimt sich eigentlich auf Roski?).

Das Ensemble Insterburg & Co. zog fröhlich weiter, in der frühen Phase der erfolgreichsten RB-Sendung Musikladen gehörten sie zum Inventar, auch bei Hänschen Rosenthals' Dalli Dalli waren sie Stammgäste. Sie hatten eine eigene Serie im WDR-Hörfunk (Unterhaltung am Wochenende) und sogar eine TV-Sendung im Schweizer Fernsehen. Hinzu kamen erfolgreiche Schallplatten (Sketsch Up, Hohe Schule der Musik) mit allerlei Musik, Sketchen und Hörspielen. Auch ihre Live-Tourneen sorgten für ausverkaufte Hallen: "Wir sind die fröhlichen Insterburger von Insterburg & Co., wir spielen auf den größten Bühnen und nicht nur zu Haus' auf dem Klo". Ihr wohl bekanntestes Stück war der Endlos-Reim "Ich liebte ein Mädchen..." (gesungen von Ingo).

Bereits 1968 drehen Insterburg & Co. einen Film mit Ulrich Schamoni. Quartett im Bett zeigt sie in ebensolchen, meist mit jungen Mädchen. Sie spielen die antibürgerlichen Herumtreiber und teilen sich die Gruppen-Hauptrolle mit den damals noch jungen und schlanken Jacob Sisters incl. ihrer Pudel. Der Film ist weniger gelungen. Chapeau Claque (1974) zeigt den Regisseur auch in der Hauptrolle eines bankrotten Fabrikanten, der in einer maroden Villa lebt, außerdem alle vier Insterburgs in einzelnen Gastrollen, etwa Karl Dall als Unternehmer (!) und Jürgen Barz als verlassener Liebhaber. Ulrich Schamoni ist der jüngere Bruder des anerkannten Filmemachers Peter Schamoni (Schonzeit für Füchse) und versuchte sich ebenfalls als Regisseur. Mit Es und Alle Jahre wieder wurde er Teil dessen, was sich später junger oder neuer deutscher Film nennen sollte. Danach kam nicht mehr viel, seinen letzten Film drehte er 1980, später betrieb er in Berlin zunächst einen privaten Radio- und dann einen TV-Sender. Er setzte alles in den Sand und verstarb im Frühjahr 1998.

So hart traf es die Insterburgs nicht, Ende der 70er war jedoch die Luft raus. Dauernder Tourneestreß, mangelnde Inspiration und nur noch halbvolle Säle sorgten für Lustlosigkeit. Schon ohne Peter Ehlebracht fand im Frühjahr 1979 der letzte Auftritt in Duisburg statt. Kollegen wie Otto Waalkes und Mike Krüger traten in ihre Fußstapfen und wurden die bekanntesten TV-Komiker der 80er. Jürgen Barz , der einzige in der Truppe ohne Bart, spielte meist den Blöden und fast nur Gitarre. Er wurde später Mode-Designer in Düsseldorf uns schrieb Texte für die Neue Deutsche Welle-Band Lilli Berlin. Peter Ehlebracht, der Rauschbärtige, wirkte immer etwas abwesend und daher besonders komisch. Er spielte auf einem lächerlich winzigen Schlagzeug und war bereits ein halbes Jahr zuvor aus "gesundheitlichen Gründen" ausgestiegen, um eine ausgiebige Studienreise nach Ägypten zu unternehmen. 1980 erschien dann sein Buch Haltet die Pyramiden fest, daß über die 5000jährige Geschichte des Grab- und Kunstraubs berichtet und sich nach seiner Veröffentlichung monatelang in den Top 10 der Verkaufslisten hielt. Später betätigte sich Ehlebracht (der stets Wert darauf legt, daß man seinen Namen richtig schreibt und spricht) als Regisseur von TV-Filmen, anscheinend ohne nachhaltigen Erfolg. Karl Dall übernahm die Trottel-Rolle und war von Beginn an der Star der Truppe. Ingo: "Wenn wir in einem Café saßen, interessierte sich niemand für uns. Kaum kam Karl hinzu, wurden wir dauernd angesprochen". Dall hatte schon in den 70ern TV-Soloauftritte und auch einen Solo-Hit, die geniale Nummer Diese Scheibe ist ein Hit.

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